Besuch in der SenatorenvillaKunst und Kulturgeschichte des 19. Jahrhunderts
Die lange Tafel ist festlich gedeckt, alles scheint bereit zu sein und beinahe glaubt man, der Herr Senator und seine Gäste kämen jeden Moment zur Tür herein. Das klassizistische Landhaus, das sich der Hamburger Kaufmann Martin Johan Jenisch 1831-34 in seinen weitläufigen Park an der Elbe bauen ließ, vermittelt mit seiner weitgehend original erhaltenen Ausstattung bis heute einen lebendigen Eindruck von der erlesenen Wohnkultur wohlhabender hanseatischer Bürger in der Mitte des 19. Jahrhunderts.

Symbiose aus Kultur und Natur
Das dreigeschossige Haus ist ein weißer Kubus, dem zur Elbe hin ein dorischer Portikus vorgesetzt wurde. Jenisch beauftragte den Architekten Franz Gustav Forsmann mit den Planungen, ließ diese aber von Carl Friedrich Schinkel überarbeiten.
Die repräsentativen Wohnräume mit reichen Stuckaturen, Parkettböden, Möbeln, Gemälden und Skulpturen aus Empire und Biedermeier befinden sich im Erdgeschoss, im ersten Obergeschoss logierte die Familie des Hausherren, im niedrigeren zweiten Geschoss das Personal. Von den südlichen Räumen bietet sich ein großartiger Blick auf Strom und Schiffe.
Die oberen Stockwerke dienen heute für Sonderausstellungen, in denen es meist um Kunst oder Architektur des frühen 19. Jahrhunderts geht oder um die Beziehung von gestalteter Landschaft und Architektur.
Seit 2008 gehört das Jenisch Haus als Außenstelle des Altonaer Museums zur Stiftung Historische Museen Hamburg.

Veranstaltungsangebot
Begleitet werden die Sonderausstellungen von einer Familienführung, die regelmäßig sonntags stattfindet. Ein Highlight ist das jährlich im September stattfindende Sommerfest, dessen Programm vor allem attraktive Veranstaltungen für Kinder und Familien anbietet, und einer Kammerkonzertreihe im Weißen Saal des Jenisch Hauses, mit der die schon zu Lebzeiten des Senators Jenisch entstandene Tradition des musikalischen Salons fortgesetzt wird.
Im Winterhalbjahr ist das Marionettentheater Thomas Zürn im Jenisch Haus zu Gast. Bereits im siebten Jahr lässt der Holzbildhauer im schönen Ambiete der Villa für Kinder und Erwachsene die Puppen tanzen. Auf dem Programm stehen beliebte Märchen und Kindergeschichten, die zu eigens komponierter Musik dargeboten werden.
Ständige Ausstellungen
Weißer Saal
Der links des Vestibüls liegende große Saal diente ursprünglich als festlicher Esssaal. Seine Wände und Decke sind vollständig stuckiert. Drei bis zum Boden reichende Fenster öffnen sich nach Osten in den Park. Das Parkett stammt aus der Erbauungszeit. Der Kronleuchter ist von Karl Friedrich Schinkel entworfen worden und stammt aus einem Herrenhaus in Ost-Holstein. Der in der Raumecke stehende schlichte Ofen gehörte zur ursprünglichen Ausstattung.
Jenisch-Zimmer
Der vermutlich als Teesalon oder Lesesalon konzipierte Raum ist heute mit Erinnerungsstücken an Caspar Voght und Martin Johan Jenisch eingerichtet. Er ist mit zwei bodenhohen Fenstern nach Süden auf die Elbe und nach Osten auf den Park ausgerichtet. Der Parkettboden ist nach einem Entwurf des Architekten Franz Gustav Forsmann (1795–1878) ausgeführt worden. Ein in quadratischen Platten verlegtes Eichenparkett rahmt die mittlere Fläche, die ebenfalls Quadratform besitz. Das eingeschriebene kreisrunde Motiv aus Palmetten, Kränzen und Bändern ist aus teils gefärbten Hölzern und Ziernägeln gebildet.
Unterer Elbsalon
Der Saal richtet sich mit drei fast raumhohen Fenstern zur Portikus an der Südseite des Hauses. Sie gestatteten den Austritt auf die Terrasse und über die Steinstufen in den Park, so dass er auch als Gartensaal zu bezeichnen ist. Die Ausstattungsgegenstände des Saals sind größtenteils aus dem französischen Empire (um 1800). Die aus schwarz lackiertem und vergoldetem Holz gefertigte Sitzgruppe in der Mitte des Raums stand ursprünglich im Haus Georg Friedrich Baur an der Palmaille in Altona. Die Stühle mit Sphingenfiguren an den Armlehnen und gebogener Rückenlehne gehen auf einen Entwurf von Percier & Fontaine zurück, den bedeutenden Architekten und Innenausstattern des Empire in Paris.
Musiksalon
Der Raum ist seinem ursprünglichen Zweck entsprechend mit Musikinstrumenten ausgestattet. Glanzstück ist der einmalige Erard Hammerflügel aus dem Jahre 1838, der von Prof. Andreas E. Beurmann hervorragend in bespielbarem Zustand erhalten wurde. Ein Notenständer mit beweglicher Ablage steht in der Nähe. Über einem Tafelklavier hängt eine Fotografie von Candida Höfer (geb. 1944), die den Blick aus dem Fenster auf die Elbe wiedergibt. An der anderen Wand befindet sich ein Porträt der Alice Boué geb. (Parish) (1766”1837) von Jean-Laurent Mosnier (1743”1808).
Räume zu Caspar Voght (1752-1839)
Im Westflügel der ersten Etage widmet sich eine Dauerpräsentation dem Leben und Wirken von Caspar Voght. Der Hamburger Kaufmann führte gemeinsam mit seinem Freund und Geschäftspartner Georg Heinrich Sieveking (1751-1799) in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts eines der größten Handelshäuser Hamburgs. Voght war eine Schlüsselfigur innerhalb der gesellschaftlichen Entwicklungen der Hansestadt um 1800.
Oberer Elbsalon
Der über dem Unteren Elbsalon liegende Saal war das ehemalige Herrenzimmer von Martin Johan Jenisch d. J. In das Zimmer zog er sich zurück, wenn er der Gesellschaft entfliehen wollte. Auch dessen Ausstattung ist nicht mehr ursprünglich. Das große Möbelensemble in der Mitte besteht aus einem Ausziehtisch mit mächtigen Löwenfüßen, zehn Stühlen und zwei Armlehnstühlen. Der um 1830-40 entstandene aus schleswig-holsteinischem Adelsbesitz stammende Tisch kann durch seine acht Ausziehplatten von seiner ursprünglichen Größe von 128 cm Durchmesser auf eine Länge von ca. 470 cm ausgezogen werden. Die Platten sind – wie die Stühle und Sessel - aus Mahagoni mit eingelegten hellen Holzadern gefertigt.
Altonaer Zimmer
Auch dieses Zimmer war ursprünglich ein Privatzimmer der Jenischs. Es führt mit einem Fenster zu Südseite des Parks. Das Zimmer ist heute vollständig mit sogenannten Altonaer Möbeln ausgestattet. Sie zeichnen sich durch ihren auf den Rück- oder Unterseiten angebrachten Zollbefreiungsstempel aus Siegellack aus (Altonaer Fabrik Waren Stempel). Er bewirkte zwischen 1766 und 1839 unter den dänischen Königen Christian VII. und Friedrich VI. den zollfreien Export in die Herzogtümer Holstein und Schleswig sowie nach Dänemark.
Biedermeierzimmer
Der ursprünglich als Fremdenzimmer der Jenischs dienende Raum weist mit zwei Fenstern nach Norden und Osten. Es ist heute in der Art eines spätbiedermeierlichen Salons mit Möbeln seiner Zeit ausgestattet, die fast alle in Altona entstanden sind und aus Mahagonifurnier, einem für die Küstenregion typischen Material, gefertigt wurden.